,Fließbandschweine‘: Welche Gesundheitsgefahren Grillwürstchen enthalten und wie die Haltungszustände der Schlachttiere tatsächlich sind
Die Grillsaison ist in vollem Gange – aber zu welchen Würsten können wir bedenkenlos greifen und von welchen lassen wir lieber die Finger? Dazu fühlt ÖKO-TEST 20 Grillwürsten auf den Zahn. Von Bio- bis hin zu Supermarkt-Produkten von Aldi, Rewe & Co. Mit einer erschreckenden Bilanz.
Unter den Kriterien ‚Inhaltsstoffe / Sensorik‘ und ‚Tierhaltung / Transparenz‘ erhalten lediglich vier der Test-Würste das Gesamturteil ,gut‘ – alles Bio-Produkte. Dagegen erreichen sogar sieben Tester die Ergebnisse ‚mangelhaft‘ und ,ungenügend‘ – darunter Würste von ja! und Eberswalder Rostbratwurst.
Versteckte Gesundheitsrisiken
Mit sinkender Gesamtbewertung steigt die Zahl an Phosphat-, Mineralöl- und Antibiotika-Rückständen sowie Gentechnik im Tierfutter. Diese Lebensmittelrückstände gefährden unsere Gesundheit: Phosphat erhöht das Sterberisiko von Menschen mit Niereninsuffizienz und kann selbst bei nierengesunden Menschen zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen. Mineralöle in Form von gesättigten Kohlenwasserstoffen (MOSH) können Schäden an Leber und Lymphknoten verursachen. Antibiotika werden zwar tendenziell immer weniger in der Massentierhaltung eingesetzt, dafür aber umso mehr Reserveantibiotika. Diese stellen die letzte antibiotische Behandlungsmöglichkeit bei uns Menschen dar und sollten somit ausschließlich für die Humanmedizin reserviert sein. Denn: Nehmen wir Reserveantibiotika durch die Nahrungsaufnahme zu uns und entwickeln Resistenzen, wirken diese bei einer erneuten Verabreichung nicht mehr.
Nicht nur die Lebensmittelzusätze und -rückstände steigen mit sinkenden Preisen. Während in Öko-Würstchen noch zwischen vier und um die 40 Schweine pro Wurst verarbeitet werden, liegt der genannte Höchstwert an Schweinen pro Charge in einer konventionellen (= hält lediglich die gesetzlichen Mindestauflagen ein) Wurst bei über 39.000.
Leben in der Massentierhaltung
Je preiswerter die Würste, desto schlechter auch die Tierhaltung und Transparenz. Greifen wir also zu günstigen Grillwürsten, erhalten wir nicht nur gesundheitsgefährdende Zusätze, sondern nehmen auch das Kürzen von Schweineschwänzen, Abschleifen ihrer Zähne und die Haltung auf engstem Raum ohne Stroh oder Beschäftigungsmöglichkeit in Kauf. Die Schweine sehen das erste Mal natürliches Tageslicht, wenn sie für den Transport zu den Schlachthöfen verladen werden. Die Betäubung erfolgt dort durch einen CO2-Raum, in dem sie nach 15 Sekunden Erstickungsgefühlen betäubt sind – tierfreundlichere Gase sind den meisten Höfen zu teuer. Viele der konventionellen Hersteller gaben zu den Haltungsbedingungen überhaupt keine Auskunft, was negativ in die Gesamtbewertung mit einfloss.
Fakt ist, dass die Mindestauflagen für Bio-Siegel höher liegen. Hier haben ,Neuland‘-Siegel die strengsten Bedingungen, Bio-Anbauverbände wie ‚Bioland‘ und ‚Demeter‘ befinden sich im Mittelfeld und staatliche Bio-Siegel besitzen im Vergleich weniger strenge Auflagen. Trotzdem müssen die Schlachttiere schon bei staatlichen Bio-Siegeln 90 % Bio-Futter bekommen und das Kupieren der Schweineschwänze ist verboten. So können wir als Verbraucher mit unserem Kaufverhalten bewusst entscheiden, was in unseren Grillwürstchen und -würsten enthalten ist und unter welchen Bedingungen die Schlachttiere gelebt haben.
Literaturverzeichnis
Zeitschriften
- ÖKO-TEST Verlag GmbH (2016) ÖKO-Test Juli 2016, Fließbandschweine.
- Heinrich-Böll-Stiftung (2016) Iss was?! Tiere, Fleisch & Ich, 1. Auflage März 2016
Internet
- Deutsches Ärzteblatt (2011) Gesundheitsrisiko durch Phosphatzusätze in Nahrungsmitteln. http://www.aerzteblatt.de/archiv/119315/. Zugegriffen: 19. Juli 2016
- Institut für Produktqualität (ifp) Mineralölkohlenwasserstoffe (MOSH und MOAH). https://www.produktqualitaet.com/de/lebensmittel/kontaminanten/mineraloelkohlenwasserstoffe-mosh-moah.html. Zugegriffen: 19. Juli 2016
- Robert Koch-Institut, Prof. Dr. H. Tschäpe. Aktuelles zur Antibiotikaresistenz – das Problem aus humanmedizinischer Sicht. http://www.bfr.bund.de/cm/343/aktuelles_zur_antibiotikaresistenz_das_problem_aus_humanmedizinischer_sicht.pdf. Zugegriffen: 19. Juli 2016